Nächster

Wir haben aktuell eine Lehrzeit im Fach „Geduld“, eine Art Homeschooling für alle. So viele Dinge gibt es gerade nur eingeschränkt oder gar nicht. Wir stehen uns plötzlich mit Abstand und Maske gegenüber, unwirklich… Wir müssen das Entbehren lernen und es ist für jeden etwas anderes, eigentlich selbstverständliches und nun schmerzlich vermisst.
Meistens hat es, mit der Nähe zu anderen Menschen zu tun, dieses vor einander fliehen müssen, ist wie auf einem anderen Stern. Mindestabstand halten!
Auch Gottesdienste sind davon betroffen. Ich vermisse meinen unbequemen Platz in der Kirchenbank, die Begegnungen am Sonntagmorgen, unser Chorsingen mit den besonderen Freundschaften, die Kraft, die ich in meine Woche mitnehmen kann. Der wöchentliche Gottesdienst hat den Sonntag zu etwas Besonderem werden lassen. Es schmerzt, darauf zu verzichten.
Du hast bestimmt auch viele Dinge, die so selbstverständlich waren und nun mit der Zeit, die voranschreitet, immer mehr fehlen.

Es entsteht aber auch gerade Wunderbares. Es sind so viele kreative Dinge, die Menschen tun, um diese Zeit für alle besser zu machen: Balkonkonzerte, die Hilfe über den Gartenzaun, Spende für das Lieblingsgeschäft, das vor dem Aus steht, Briefe, die an einsame Menschen geschrieben werden. Es rührt an. Trotz der Distanz entsteht Wärme, Herzlichkeit, Verbundenheit, ein Miteinander.

In einem Onlinegottesdienst, der mich berührt hat, ging es um Nächstenliebe in unserer Zeit. Jesus hat in der folgenden Stelle, die wichtigsten Gebote zusammengefasst:

Jesus antwortete: „Dies ist das wichtigste Gebot: Hört, ihr Israeliten! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Ihr sollt ihn von ganzem Herzen lieben, mit ganzer Hingabe, mit eurem ganzen Verstand und mit all eurer Kraft.Ebenso wichtig ist das andere Gebot: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist wichtiger als diese beiden.“

Markus 12,29‭-‬31 Übersetzung Hoffnung für Alle

Echt herausfordernd! Eigentlich sind es ja drei Aufforderungen zur Liebe: zu Gott, meinem Nächsten und mich selbst.

Tun wir uns nicht schon schwer, uns selbst zu lieben? Haben nicht viele Stolpersteine in unserem Leben damit zu tun, dass wir uns selbst nicht annehmen können, uns selbst nicht lieben? Unsere Gesellschaft fordert uns auf, uns ständig mit anderen zu vergleichen. Man muss möglichst an diese Ideale herankommen, ein Weg der Selbstoptimierung und wenn ich dies nicht schaffe?

Kinder schauen immer wieder, ob die Eltern noch da sind, ob sie geliebt werden.
Viele Dinge tun wir, ob positiv oder negativ, weil wir gesehen, geliebt werden wollen. Das zieht sich unser ganzes Leben hindurch. Was ist wenn uns andere Menschen diese Liebe und Aufmerksamkeit nicht schenken?

Die Bibel spricht, das Gott Liebe ist.

Gott ist die Liebe.

.1 Johannes 4 Vers 16

Jesus kam in die Welt, Gottes Sohn. Wenn wir sein Tun ansehen, spricht es nicht von einer tiefen Liebe?

Gott liebt uns. Gott liebt Dich ganz besonders, eben so wie Du bist!

Wenn die Einsicht in unserem Herzen ankommt, beginnt ein Freiwerden von der Suche nach Bestätigung durch die anderen Menschen; ein aus der Liebe Gottes heraus leben.
Plötzlich ändert sich auch in kleinen Schritten, die Sicht auf uns selbst. Wenn Gott mich liebt, darf ich mich dann immer noch selbst verurteilen, ständig an mir herummäkeln und unzufrieden sein?
Wir sind wunderbar von Gott gemacht! Ein Geschenk für diese Welt!

Was für eine wunderbare Erkenntnis und vielleicht entsteht daraus auch die Kraft, dem Anderen und uns selbst zu vergeben, für die Verletzungen, die auf der Suche nach der Anerkennung entstanden sind.
Nun kann ich Dinge, die von anderen kommen, ganz anders wahrnehmen. Sie müssen nicht mehr meine Erwartungen erfüllen und plötzlich merkt man, dass da doch kleine Signale des Anderen sind.

Als ich für mich entdeckt habe, wie sehr angenommen, beschenkt, bewahrt ich bin, war ich nur sprachlos von dieser Liebe. Ganz langsam ist dadurch eine echte innere Gottesliebe entstanden. Sie ist gekommen, in mein Herz eingekehrt. Es ging von allein, mit einer inneren Berührung des Herzens und nun kann ich wie im Bibelvers sagen: „Ich liebe Gott von ganzem Herzen… !“

In der Bibelstelle ist aber noch eine weitere Herausforderung. Ich soll meinen Nächsten lieben, wie mich selbst.
Das ist eine harte Nuss. Es gibt Menschen, bei denen uns das leicht fällt, aber auch andere, die uns unsympathisch sind, die uns vielleicht verletzt, Unrecht getan haben, Menschen denen gegenüber Vorurteile bestehen oder gesät werden.
Das ist doch eine zu große Aufgabe, jedem mit Liebe zu begegnen oder? Ja, das überfordert mich auch oft. Die Willensentscheidung reicht nicht aus, Liebe kann man nicht mit dem Kopf erzeugen. Auch wenn wir es noch so gut meinen, wenn wir nicht mit unserem Herzen dabei sind, wird man das spüren.

Im alten Testament der Bibel, in einem Prophetenbuch steht Folgendes:

Ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist geben. Ja, ich nehme das versteinerte Herz aus eurer Brust und gebe euch ein lebendiges Herz.

hesekiel 36,26 Übersetzung Hoffnung für Alle

Wenn unser Herz weich wird, ändert sich auch der Umgang mit den anderen.
Ich kann für mich sagen, dass ich zunächst Jesus mein Herz geöffnet habe und es nun wirklich Stück für Stück weicher wird. Ich nehme plötzlich wahr, wie es anderen geht, ich sehe den Obdachlosen auf der Straße, mir ist Unrecht nicht mehr egal…
Das schmerzt, weil man mit dem Anderen mitfühlt, aber es macht das Leben so viel reicher, echter.

Mich hat die letzten Wochen dieses Gefühl der Untätigkeit gegenüber Corona niedergedrückt, dieses nicht helfen zu können. Plötzlich fällt auch das Schreiben im Blog schwer, es wird mühsam, es sprudelt nichts.
Ich bin dann über eine Seite im Internet gestoßen. Es ist eine Plattform um selbstgenähte Masken an soziale, gemeinnützige Organisationen, die Bedarf anmelden, zu spenden.
Das hat mich total angesprochen und berührt. Endlich etwas tun können! Eigentlich kann ich nicht nähen, wollte es aber immer schon probieren; also Nähmaschine gekauft (aktuell sehr gefragt, das neue Toilettenpapier 😉 ), Youtubeanleitungen studiert und los. Mit den schiefen Erstlingswerken wurde meine Familie bestückt, es geht jetzt aber immer besser. Schlaf wird aktuell überbewertet, ich habe nun meine kleine Maskenproduktion. Es beseelt mich, ich kann etwas tun, das anderen hilft und meine Nächstenliebe darf wieder ein bisschen wachsen; wieder eine spannende Erfahrung 😊 .

Es kann sein, dass Dein Herz an einer ganz anderen Stelle weich gemacht wird. Vielleicht ist es Vergebung, die notwendig ist, ein auf den anderen zugehen, sich nach außen öffnen usw. Es ist wieder ein ganz individueller, eigener Weg. Der erste Schritt erfordert so viel Mut, aber er lohnt sich! Er kann Leben verändern und durch diese Zeit tragen.

Sei besonders behütet!!!!

PS: Hier sind entdeckte Seiten, falls Ihr auch nach etwas zum Tun sucht:

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