Herausgefordert

In der Natur findet man plötzlich wirkliche Stille. Die Vögel zwitschern bereits wieder freudig dem Frühling entgegen. Kein Flugzeug gibt ein leises Geräusch ab, ein von Kondensstreifen freier Himmel; von weitem ist nicht mehr die Straße mit ihrem Getöse zu hören. Das Säuseln eines Rinnsahls dringt plötzlich ans Ohr, ein Specht klopft leise. Eigentlich war das alles da, aber doch von unserer lauten Welt, von unserer Wichtigkeit übertönt.

Vor einigen Wochen hatte ich mich in die Welt vor zweihundert Jahren gewünscht. Ich war am Waldrand und doch fehlte diese echte Stille. Könnte ich doch nur wirkliche Stille erleben. Ich hätte nicht gedacht, dass sich dieser Wunsch so schnell erfüllt. Nun wurden wir auf uns zurückgeworfen und es fühlt sich surreal an. Eine Freundin hat vor einigen Tagen so toll formuliert, sinngemäß: „Es ist doch Fastenzeit. Dieses Jahr fasten wir… Sozialkontakte.“

Plötzlich merken wir, dass wir es doch nicht in der Hand haben. Wir werden von etwas nicht kontrollierbarem, unsichtbarem überrollt. Der Ausgang ist ungewiss. Wir sind herausgefordert, die Situation gilt es auszuhalten.

In der Angst wird das Bedürfnis nach Sicherheit und Halt übergroß. Wir müssen etwas tun, der Angst begegnen. Kann man mit Mehl, Dosen und Toilettenpapier wirklich Burgen bauen? Nützt das etwas, außer, dass wir unsere egoistische Seite entdecken? Die Nachrichten fesseln uns, es gilt zu Hause zu bleiben, müssen wir aber unsere Angst daNach…richten?

Ich bin jetzt schon eine Weile mit Gott unterwegs und müsste mich eigentlich an die vielen Momente der Hilfe erinnern, aber doch werde ich auch von dieser Angst erfasst. Die Angst, die uns sagt, dass wir es allein schaffen müssen, aber wie? Ist es da nicht verständlich, wenn man zunächst an sich selbst denkt?

Die Bibel ist voll von Schutzsuchenden bei Gott. So spricht es auch David im Psalm 57 aus:

„Erbarme dich über mich, o Gott, erbarme dich! Bei dir suche ich Zuflucht und Schutz. Wie ein Vogel sich unter die Flügel seiner Mutter flüchtet, so will ich mich bei dir bergen, bis die Gefahr vorüber ist.“
Psalm 57,2 Übersetzung Hoffnung für Alle

David musste sich vor seinen Feinden in eine Höhle flüchten. Es war eine Übermacht gegen ihn und die Lage war mehr als aussichtslos. Es ist ein Gebet, dass er gegen seine Angst ausspricht und an Gott richtet. Es ist so ein Bild tiefer Liebe, wenn man sich Kücken unter den Flügeln der Mutter vorstellt.

David hat viele Herausforderungen meistern müssen und stand dabei oft der Ungewissheit, dem Tod gegenüber. Er hat sich dem gestellt, in der Gewissheit, dass er nicht allein ist, dass Gott ihn liebt, ihm beisteht, schützt und birgt, egal wie es ausgeht. David hat Gott vertraut und aus dem Hirtenjunge wurde Israels großer König David, zu finden im alten Testament der Bibel.

Wenn wir darauf vertrauen, dass uns Gott liebt und in jeder Lage beisteht, dann werden wir auch Geborgenheit, Gelassenheit, Mut, trotz der Umstände, empfangen. Es wächst eine Kraft, die man selbst nicht für möglich gehalten hat. Unsere Perspektive ändert sich, die Angst muss weichen, Friede, Zuversicht, Hoffnung darf einziehen.

Gebet hat Kraft, aber oft übersehen wir die Dinge, die es bewirkt, weil wir am Gebet dranbleiben müssen, die Erhörung vielleicht (noch) nicht erfolgt oder ganz anders aussieht. Trotzdem setzt es Dinge in Gang, durch das Formulieren der Gedanken, Nöte, Ängste, Wünsche, (auch des Dankes) können wir etwas gegen unsere Ohnmacht tun; es befreit, wir dürfen abgeben.
Manchmal werden Gebete gleich erhört. Es gibt dafür wunderbare Geschichten einer solchen Erhörung; vielleicht hast Du das auch schon erlebt. Oft erfordert es aber auch Geduld, eben dieses Dranbleiben.

Um zu sehen, was es bewirkt, ist ein Hinschauen notwendig. Man kann Gebete, die einen längeren Zeitraum beanspruchen, auch aufschreiben, sie immer wieder beten und die Veränderung notieren. Ich habe dabei festgestellt, dass es sich beim Gebet doch nicht um einen Monolog handelt; es kommt etwas zurück, manchmal auch nur ganz zart, aber immer passend. In die Angst in der Nacht, die keinen Schlaf zulässt, kommt plötzlich tiefer Friede, der innere Sturm legt sich. Rückblickend bringt Gebet Veränderung, oft des eigenen Umgehens und des Blicks auf die Dinge oder Lösungen, die so ganz anders sind. Wieder konnte und kann ich nur staunen (und danken).

Vielleicht hast du das, auch noch nie gemacht. Gott möchte uns in unserem Alltag, unseren Herausforderungen und nun auch in dieser weltweiten Krise begegnen. Ein Gebet ist ein Dialog mit ihm, oft leise aus dem Inneren heraus, mit eigenen (vielleicht einfachen) Worten.

In unserer digitalen Welt gibt es auch dafür Angebote. Ich lese die Bibel meistens über die App „YouVersion“. Sie ist in Deutsch verfügbar, enthält Bibellesepläne und neu auch eine Gebetsfunktion. Man kann hierin die Veränderung durch das Gebet festhalten. Hier ist der Link als Angebot zum Ausprobieren: https://www.youversion.com/the-bible-app/

Wir stehen als Nachkriegsgenerationen vor einer nie da gewesenen Herausforderung. Wie werden wir danach sein, ob wir ein Bild des Miteinanders abgegeben haben?

Mich beeindrucken sehr die ersten Christen. Sie wurden massiv verfolgt und viele starben als Märtyrer. Da ist der Apostel Paulus. Er war ständig der Gefahr des Todes ausgesetzt und schreibt in seinem Römerbrief folgenden Satz:

„Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles, was geschieht, zum Guten.“
Römer 8,28 Übersetzung Hoffnung für Alle

Aus diesem Satz spricht keine Angst, sondern ein tiefes Vertrauen, dass, egal was passiert, Gott die Dinge zum Guten wendet oder im Leid, in der Herausforderung, Gutes entstehen lässt. Dieses Wissen lässt Paulus aufstehen, in die Ungewissheit gehen und scheinbar Unmögliches wagen.

Auch wenn wir nicht wissen, was die nächsten Wochen bringen, entscheiden wir selbst, wieviel Raum wir unserer Angst geben wollen. Gott möchte uns begegnen, stärken, Kraft geben, besonders im Leid. Es ist kein Alleinschaffen notwendig! Er trägt unsere Last, unser Kreuz. Jesus ist dafür in die Welt gekommen, für jeden, der nicht weiß, wie es weitergehen soll.
Wenn wir beginnen zu vertrauen, unseren Blick nach oben heben, können wir aus unserer Angst aufschauen. Dann dürfen wir auch wieder den anderen wahrnehmen, füreinander da sein, in neuen Formen des Miteinanders und schließlich als innerlich Beschenkte auf diese Zeit blicken.
Das wünsche ich Dir von ganzem ♥️en.

Sei behütet!!!

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