Lieber November!
Du bist schon zu bedauern. Keiner freut sich über Dich. Du bist das ungeliebte Kind unter den Monaten. Viele haben sogar Angst vor Dir, auf der Flucht in viele Termine und Aktivitäten; nur nicht zur Ruhe kommen, nachdenken müssen, diesen Monat überstehen! Müssen wir das wirklich so tun?
Die Bibel spricht davon, dass alles seine Zeit hat.
Jedes Ereignis, alles auf der Welt hat seine Zeit: Geborenwerden und Sterben, Pflanzen und Ausreißen, Töten und Heilen, Niederreißen und Aufbauen, Weinen und Lachen, Klagen und Tanzen, Steinewerfen und Steinesammeln, Umarmen und Loslassen, Suchen und Finden, Aufbewahren und Wegwerfen, Zerreißen und Zusammennähen, Schweigen und Reden, Lieben und Hassen, Krieg und Frieden.
Prediger 3,1-8 Übersetzung Hoffnung für Alle
Unsere Gesellschaft möchte nicht mehr warten, so gibt es schon Lebkuchen im September und die Winterkleidung füllt Ende August die Regale. Es ist alles sofort verfügbar, Geduld wird zum Unwort. Es gibt Schnellrestaurants, Fertigessen, die meisten Gemüse- und Obstsorten zu jeder Jahreszeit, wir fliegen zum Shoppen für ein Wochenende um die Welt …
Nehmen wir uns damit nicht auch eine Freude, eine Vorfreude auf Dinge, die es eben gerade nicht gibt? Verlernen wir das Träumen, das sich nach Wünschen sehnen, die nicht erreichbar sind? Werden wir blind für die kleinen Wunder, die in nicht materiellen Dingen stecken, die einfach vor unseren Augen sind und doch nicht wahrgenommen werden, eben das Echte?
Wir gehen durch das Jahr und müssen mit der zunehmenden Dunkelheit im Herbst umgehen. Wenn alles seine Zeit hat, vielleicht sollten wir uns auf den November, mit seinen vielen Gedenktagen, einlassen? Vielleicht brauchen wir es auch dieses Innehalten und Durchatmen. Es könnte sein, dass, wenn wir unsere Angst davor überwinden, eine besondere Schönheit zu finden ist, Dinge zu reflektieren, anzuschauen und loszulassen; ihnen Platz einräumen, sie dürfen sein!
Zu meiner Konfirmation habe ich den folgenden Vers zugesprochen bekommen:
Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen.
Klagelieder 3,26 Lutherübersetzung
Ich weiß noch, dass ich etwas traurig und unverständig über diesen Spruch war. Wer will als junger Mensch schon geduldig sein: der Start ins Leben wartet, die Welt will erobert werden. Den Vers hatte ich vergessen, bis meine gute Mama meine Konfirmationsurkunde aus den Unterlagen geholt hat. Mitten in einer sehr schweren Zeit hat sie mir diesen Spruch neu übergeben. Das berührt mich jetzt während des Schreibens erneut sehr.
JA, es liegt ein Segen darauf, auf Hilfe zu hoffen. Ich darf in Geduld an Gott festhalten. Was für eine Zusage! Dieser Vers war die ganzen Jahre da und hat auf die Zeit gewartet, bis ich offen dafür wurde. Genau der passende Spruch für mein Leben!
Wir malen uns aus, wie unser Leben verlaufen soll. Das Gott sofort eingreift und eine Situation verändert und zwar so, wie wir uns das vorstellen; Gott als Wunscherfüller…
Passiert es dann nicht so oder lässt die Antwort auf unser Gebet auf sich warten, zweifeln wir manchmal auch seine Existenz an. Ein liebender Gott kann mich nicht in dieser Situation lassen, also kann es ihn nicht geben.
Ich habe entdeckt, dass in Geduld ein großer Schatz liegt. Manchmal müssen wir auch mit einer Situation „kämpfen“; nicht um zu scheitern, sondern um daran zu wachsen; um Mut und Stärke zu entwickeln. In der Rückschau habe ich schon oft festgestellt, dass es genau so, wie es gewesen ist, richtig war. Gott hat doch in die Situation hineingewirkt, aber so ganz anders, als erwartet. Machen das liebende Eltern nicht so?
Gibt man Dingen die nötige Zeit sich zu entwickeln, übt man Geduld, entsteht Besonderes: die Rose duftet wieder, Tomaten entwickeln in der Sonne Geschmack, ein Kunstwerk berührt den Betrachter…
Was ist, wenn ich einmal nicht vor dem November flüchte, mich auf das Innehalten einlasse? … mit einer schönen Tasse Tee, beim Stricken, Backen, Werkeln, Joggen … Gedanken kommen lassen, wenn ich mich dabei wohlfühle.
Wir dürfen durchatmen, innehalten, Geduld üben. Vielleicht werden wir dann auch im Advent wieder diesen Duft riechen und das Besondere fühlen. Was für ein Geschenk!
Im November wird ein Blues gespielt. Wer sagt, dass eine melancholische Melodie nicht schön sein darf? Irgendwann mögen wir den November doch noch 😉
Sei behütet!
Liebe Cole,
schön deine Zeilen zu lesen. Im Büro schau ich manchmal raus und sage ein sch…. Wetter. Nachdem ich deinen Beitrag gelesen hatte habe ich gestern zum Fenster rausgeschaut. Nebel, düster… Ich fand es faszinierend, nicht bedrückend und auch wenn die Tage so richtig „novemberisch“ 😂 sind, so sind es doch die Vorboten für die kommende besinnliche Zeit. Zeit, in der doch so hektischen Zeit mit Arbeitsstress und, und, und, um zur Ruhe zu kommen. Auch wenn es vielleicht nur ein kurzer Augenblick ist. Sei du auch behütet.
Liebe Grüße Conny
Liebe Conny,
vielen Dank für Deinen Kommentar und Dein treues Lesen 🙂
Ich gehe im Nebel gern nach draußen. Es ist ganz still und
die Luft ist einfach wunderbar; sei auch behütet!